Gestern gabs die Folgen 4+5. Irgendwie verliert es sich so ein wenig in den einzelnen Handlungssträngen, bzw sind diese jetzt nicht sooo spannend. Schade eigentlich. Denn Thema, Setting, Ausstattung snid eigentlich immer noch gut.
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Carnival Row (Amazon)
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Carnival Row ist eine Serie, die für mich etwas unter dem Radar flog, was aber nicht unbedingt schlecht sein muss. Immerhin haben sich Amazon die Produktion etwas kosten lassen und das Setting fällt etwas aus dem Rahmen. Grund genug zumindest einen Blick zu riskieren.
Anfang des 19. Jahrhunderts schafften es britische Forscher das magische Land der Feen, Faun und Zauberwesen zu entdecken, was einen massiven Krieg um die Schätze verursachte. Auf der einen Seite die Burgue und auf der anderen der Pakt. Die Burgue verlor jedoch und sie zogen sich nach England zurück, was dem Pakt erlaubte das Land gnadenlos zu plündern. Im Nu strömten etliche der Zauberwesen nach England in die Burgue, wo man sie jedoch mehr schlecht als recht empfing. Hass, Ekel, Abscheu und Diskriminierung sind an der Tagesordnung. Fast alle dieser Wesen fristen ein elendes Dasein als Arbeiter, Bettler, Tagelöhner oder Huren, wobei sie sich hauptsächlich in der Carnival Row eingenistet haben. Dort muss Inspector Rycroft Philostrate Verbrechen aufklären. Er muss gerade einen Serienkiller namens Jack schnappen, da begegnet er völlig überraschend der Fee Vignette, die er liebte und doch einst zurückließ. Nicht nur, dass Philo nun mit seinen Gefühlen zurecht kommen muss, nach Jack taucht nun ein weiterer bestialischer Killer auf, der keinen Unterschied mehr zwischen Zauberwesen und Menschen macht.
Carnival Row ist nun dem ersten Anschein nach keine Serie, die von der Story leben kann Das kriegen andere Serien zunächst billiger und besser hin. Nein, hier geht es viel mehr um die Atmosphäre, die Ausstattung, die Kulissen, die Effekte und die Darsteller. Kurzum: Hier wollen Amazon einfach mal wieder klotzen, wie viel Kohle sie problemlos in eine Serie pumpen können. Der Aufwand hierfür muss enorm gewesen sein und macht schon mal ordentlich Laune für die geplante Herr der Ringe Serie. Was als erstes ins Auge sticht, ist natürlich das fast schon restaurierte London des viktorianischen Zeitalters, was hier Burgue genannt wird. Backsteinbauten, versiffte Straßen, kleine Gassen, tolle Kleider, stramme Anzüge, Schiebermützen und Hüte. Kulissen und Requisiten sind absolut top und sehr zahlreich. Vor allem der Dreck und der Schmutz kommen sehr gut rüber. Als einzigen großen Unterschied gibt es hier noch die Fabelwesen, die sich jedoch perfekt in die Szenerie einfügen. Genauer gesagt bekommt man hier jedoch nicht mehr als drei Kreaturen regelmäßig zu sehen. Das sind in erster Linie die Feen und Faune, die man hier als Pixies und Puks bezeichnet, sowie einige Werwölfe. Hinzu kommen nur ein oder zwei Monster und ein hübscher Batzen Magie, mit denen man hier Erinnerungen an das okkulte London Wirklichkeit werden lässt. Man kann hier problemlos in diese einzigartige, fantastische Welt eintauchen, die uns trotz der phantastischen Wesen sehr bekannt vorkommt.
Denn Carnival Row gibt nicht nur äußerlich das viktorianische London wieder, sondern auch atmosphärisch. Es ist eine chaotische, hässliche Welt voller Diskriminierung, Elend und Widerspruch. Die Serie zieht einen Vergleich mit der Einwanderungswelle im späten 19. Jahrhundert und bleibt dabei auch schonungslos offen. Die Einwanderer sind minderwertiges Arbeitsvieh; unkultiviert, barbarisch und selbstversrändlich auch dumm. Sie malochen in den Fabriken, machen im Puff die Beine breit oder vegetieren in den Gassen der Row dahin, während menschliche Stadtbevölkerung viel besser leben kann, sich ihrer Arroganz erfreut und die wichtigen Dinge bespricht. Die neuesten Gemälde, wer mit wem verbandelt ist oder politisches Gedöns, was seit Jahren nicht mehr aktuell ist. Dabei schwingt natürlich auch eine ordentliche Portion Kritik am Rassismus und Diskriminierung mit. Das war zwar nett gedacht, aber teilweise schon etwas arg platt und vorhersehbar inszeniert, aber noch erträglich. Schließlich besitzt die Serie neben zahlreichen starken Effekten und Kulissen auch ein paar reizvolle Schauwerte wie nackte Haut und ein paar schön grausige Splatterszenen. Es ist ein ganz eigenwilliger, atmosphärischer Mix aus Drama, Fantasy und Horror, was ich als ehestes als Gruseldrama zwischen Del Toro und Burton beschreiben wurde.
Sogar im Inhalt kann die Serie überzeugen, wenn es auch fast bis zum Ende dauert. Sehr ähnlich wie (die erste Staffel von) Hannibal gibt es hier nach außen hin mehrere kleine Geschichten, die zunächst einmal gleichgestellt wirken. So, dass man nun nicht sagen kann, welcher Arc nun dominant heraussticht. Dafür sorgt auch ein konstant einheitliches Erzähltempo, was eher mäßig ist, um noch mehr Schwarztöne aus der düsteren Atmosphäre herauszuholen. Aufgebaut wurde die Serie um den Polizisten Philo und die Pixie Vignette, deren Schicksale zwar verbunden sind, ein jeder sich doch um seinen Stein kümmert. Philo hat den Rang eines Inspectors und muss sich zunächst um den Serienkiller Jack kümmern - yepp, DEN Jack, der hier jedoch Pixies schlachtet - und anschließend um ein mysteriöses Schattenwesen, dass gezielt Menschen von Status und ehrbarem Beruf zerfetzt. Vignette floh aus dem zerstörten Feenland und schlägt ziemlich hart in der Burgue auf, wo sie sich zunächst als Dienstmädchen durchschlägt und später in eine Art Mafia-Organisation der Pixies kommt. Daneben gibt es aber auch noch die verarmten adeligen Geschwister Ezra und Imogen, die verzweifelt versuchen wieder an Geld zu kommen. Prompt zieht in der Nachbarschaft ein Puk ein! Ein Riesenskandal, aber da er sehr vermögend ist, wittert vor allem Imogen ihre Chance. Außerdem gibt es da noch Kanzler Absalom Breakspear, der sich auf schärfste mit seinem politischen Gegner bekriegt. Bis sein Taugenichts von Sohn entführt wird und er sich daraufhin umso mehr mit seiner intriganten Gattin verlassen muss. Und sein Sohn auf die noch intriganteren Tochter seines Feindes. Zwischendrin zeigt man sehr deutlich, wie es unter der Oberfläche der Carnival Row brodelt und die Faun, im Zuge fanatischer Verblendung, einen gewaltätigen Aufstand planen. Dabei gibt es auch keine klare Kennzeichnung von Gut und Böse. Jeder Charakter ist hier mehr oder weniger unsympathisch, was wohl aber auch an der Umgebung liegt, in der sie aufwachsen müssen.
All diese Geschichten verlaufen zunächst ziemlich simpel und geradlinig. Es gibt keine großen Überraschungen und auch keine großen Aufreger oder Schockmomente. Gelegentlich wird hübsch gerammelt, die Carnival Row selbst aufwending in Szene gesetzt und auch schon mal Jemand blutig umgebracht. Es gibt zwar bis hier hin keine Höhen oder Tiefen, doch dafür macht das Zuschauen simpel sehr viel Spaß, weil man dank des Aufwandes, der Kulissen und der Effekte, vollends in diese Welt abtauchen kann. Sie ist ganz einfach viel zu gut und viel zu detailreich geschaffen. Ab der Hälfte der Staffel beginnt die Serie sich jedoch auch inhaltlich zu verändern. Wir merken plötzlich, wie hintenrum immer mehr Komplexität und Finesse eingearbeitet wird, wie Bewegung ins Spiel kommt, wie Höhen und Tiefen eingearbeitet werden, das narrative Tempo variiert und sich endlich herauskristallisiert, wer hier der Gute und der Böse ist.
Spoiler ->
Mit der Zeit dämmert es Philo nämlich, dass hinter all den überbrutalen Morden ein Muster steckt, was direkt auf ihn zurückfällt. Genauer gesagt auf sein düsteres Geheimnis, was er seit seiner Geburt für sich behält. Sein Weg führt ihn geradeaus zu den Geschwistern Ezra und Imogen und darüber hinweg direkt zum Kanzler. Der Kanzler verspricht zwar sich um Philos Freundin zu kümmern, doch dieser muss sich wiederum einer Intrige und der Abscheu seines Sohnes erwehren, während ihm die Puks nach dem Leben trachten. Nur Vignette ist hier da bis zuletzt seperat, doch nachdem Philo erkennt, dass er Vignette genauso behandelt hat, wie sein Vater einst seine Mutter und daraufhin beschließt er Vignette nicht alleine zu lassen.
Während Philo also anfängt genau in diese Richtung weiterzuermitteln, ergeben sich Querverweise in jeden anderen Arc, der wiederum mit dem nächsten zusammenhängt, der wiederum mit dem nächsten in Verbindung steht, was wiederum das Schicksal der Figuren im Arc daneben beeinflusst. Da hat sich also Carnival Row hinterher also viel raffinierter und weitsichtiger präsentiert, wie sie sich dargestellt hat. Sogar die Romanze zwischen dem Faun und Imogen funktioniert trotz ihrer etwas naiven Umsetzung, weil man sie perfekt als reifere Variante von Die Schöne und das Biest werten kann. OK, die Szenen rund um die wundersame elektrische Lampe mit der bittersüßen Score waren hier schon sehr eindeutig.^^ Das Finale, was diese Bezeichnung zurecht trägt, lässt jeden Arc auf plausible Art und Weise eskalieren und deutet ein noch brisanteres Szenario für die zweite Staffel an.
Spoiler ->
Ich vermute mal, dass der Widerstand in der Carnival Row nun expotenziell zunehmen wird, nachdem man den gesamten Bezirk in ein Ghetto verwandelt hat. Den Ghettos im dritten Reich nicht unähnlich. Mir würde an dieser Stelle gar ein Szenario vorschweben, wie man es in den Batman-Comics um Niemandsland lesen kann. Vielleicht eine Mischungs aus beiden Szenarien. Jonah ist ohne seinen Vater und seine Mutter der Raffinesse von Sophie vollkommen ausgeliefert. Immerhin hat er mit Runyon einen fähigen Berater an seiner Seite. Währenddessen wird Ezra versuchen seine Schwester zu finden, die mit Agreus geflohen ist. Hoffentlich lernen wir auch endlich den Pakt etwas näher kennen, nachdem dieser lediglich in der ersten Folge angeschnitten wurde.
Eigentlich hatte ich Carnival Row nur als Geheimtipp wahrgenommen, der sich für mich vollends rentiert hat. Mit einem riesigen Aufwand, guten Spezialeffekten, liebevollen Kulissen und guten Schauspielern trifft Carnival Row haargenau den Punkt zwischen absoluter Finsternis, Phantastik, ungeschönter Brutalität, Ernsthaftigkeit und Sexappeal. Nur die Rassismuskritik am Etablishment hätte etwas realistischer und subtiler ausfallen können. Ansonsten macht hier in den ersten Episoden schon das reine Zuschauen und Beobachten schon Spaß, während auch die Story sich ab der Hälfte vollends entfalten kann und dabei ein Gruselmärchen zwischen Guillermo Del Toro und Tim Burton erzählt. Ich fand zumindest die erste Staffel sehr gelungen und gebe 9 von 10 Punkten."Kommt Geister, die ihr lauscht auf Mordgedanken . . . und entweiht mich!" - MacBeth
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Habe die zweite Staffel und somit auch die Serie durch:
Die Ausstattung ist mal wieder richtig top. Man merkt zu jeder Sekunde das hohe Budget. Auch die CGI sah super aus.
Was ich aber merkte dass die Zeit zwischen Season 1 und 2 einfach zu lang war. Ich hatte arge Schwierigkeiten wieder rein zukommen gleichzeitig aber nicht du Lust noch mal Season 1 zu gucken.
Die Story bleibt komplex und man spürt zu jeder Sekunde die Spannungen unter dem Rassen und überhaupt untereinander. Der Cast macht ihre Sache weiterhin sehr gut. Einige Folgen haben zwar ein paar kleine Längen aber hätte die Serie eh nie gebingt.
Das Finale hat es in sich. Action pur und stellenweise sehr brachial und rücksichtslos.
Das Ende ist recht rund mit diversen Botschaften. Gleichzeitig hat man sich aber noch ne Hintertür offen gelassen für eine dritte Staffel.
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