Auch wenn mir natürlich klar ist, dass diese Serie kein typisches "Forenmaterial" ist, bin ich der Meinung, es sollte mindestens einen Thread dafür geben. Und wenn er mir allein gehört.
Durch das Probesehen einer Episode in der ARD Mediathek bin ich in Babylon Berlin gerutscht. Habe mir beide bisher existenten Staffeln dann auf Bluray zugelegt.
Also, worum geht es?
Babylon Berlin beginnt im Frühjahr 1929. Ein Kommissar, Gereon Rath, aus Köln kommt in einer Sonderermittlung nach Berlin. Er macht ein ziemliches Geheimnis um seinen Auftrag, wie sich später herausstellt, gibt es dafür gute Gründe, die Angelegenheit ist ewas pikant. Er ermittelt für die Sitte im Berliner Pornomilieu gemeinsam mit seinem, ebenfalls etwas undurchsichtigen Kollegen Bruno Wolter.
Eine weitere Hauptfigur ist Charlotte Ritter. Sie arbeitet als Tagelöhnerin für die Polizei (die stellen sich je nach Arbeitsanfall die Schreibkräfte von der Straße ein) und nachts im Rotlichtmilieu. Sie kommt aus armen Verhältnissen, die gesamte Familie wohnt in einer sehr runtergekommenen Zweizimmerwohnung.
Im Verlauf der Serie kreuzen sich die Wege dieser Charaktere hin und wieder.
Der ganze Plot ist wie ein Film Noir aufgezogen, es spielt viel in der Berliner Untergrund- und Rotlichtszene der 20er Jahre.
Was die Serie inhaltlich aber wirklich interessant macht, sind die zahlreichen Nebenplots. Abzweigend vom Haupthandlungsstrang gibt es verschiedene weitere Stränge, die sich mal entfernen und dann wieder kreuzen. Dadurch gibt es auch eine Menge Personal zu sehen.
So gibt es kommunistische Umtriebe, bzw. ausgelagerte Konflikte von Trotzkisten gegen Stalinisten, wir erleben die Kaisertreuen und auch die NSDAP, in Form der SA, gibt sich ein Stelldichein. Zusätzlich noch die persönlichen Geschichten einiger Protagonisten usw.
Es ist also ordentlich was los und man muss hier auch ein bisschen aufpassen. Insbesondere wenn mal wieder ein Charakter für einige Folgen nicht zu sehen ist und dann wieder mitsamt seiner Story auftaucht.
Was die Serie aber auch auszeichnet, ist, neben Story und darstellerischer Qualität, das "Look & Feel" der Zeit. Babylon ist die teuerste nichtenglischsprachige Serie die je gedreht wurde und das sieht man ihr an. Die Kulissen sehen phantastisch aus, die Kostüme sind aus Originalstoffen der Zeit geschneidert, in Babelsberg sind riesige Sets gebaut worden, die durch recht dezente CGI ergänzt werden. Man kann wirklich in diese authentisch wirkende Welt (mit künstlerischen Freiheiten natürlich) tief eintauchen.
Sehr gekonnt sind auch die Verknüpfungen in die heutige Zeit. Das Echo der Gegenwart ist in der Vergangenheit hier gut hörbar
Ich bin wirklich überrascht, wie gut das tatsächlich geworden ist, zumal ich auch in der Regel kein besonderer Fan deutschen Fernsehens bin. Nun freue ich mich auf Staffel 3.
Kann man Babylon Berlin jedem empfehlen? Ich denke eher nicht. Die Serie spielt in einem geschichtlichen Backround für den man sich interessieren sollte oder offen genug sein sollte, um sich begeistern zu lassen. Der eigentliche Krimiplot ist zwar interessant und spannend, gerät aber zunehmend in den Hintergrund.
Außerdem ist die Serie nicht gerade hektisch erzählt. Sie nimmt sich Zeit für die Story und für einzelne Szenen, es jagt nicht eine Actionszene die nächste, es gibt nicht diese ganzen Minicliffhanger innerhalb einer Episode, wie es beim werbefinanzierten Fernsehen mittlerweile üblich ist, damit man bis nach der Werbung dran bleibt. Die Geschichte enfaltet sich vielmehr langsam und schickt den Zuschauer auch hin und wieder in die Irre.
Wer aber historische Stoffe mag, der Geschichte unseres Landes nicht desinteressiert gegenüber steht und eine eher düstere Kriminal- und Politikgeschichte zu schätzen weiß, sollte unbedingt mal reinschauen.
Ach ja: Die Bluray-Ausstattung hingegen ist total armselig und lieblos. Das sollte man vielleicht auch erwähnen...
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