Mr. Mercedes (AT&T Audience Network)

Der Heimatsender von Mr. Mercedes, Audience Network, macht in ein paar Monaten dicht. Scheinbar gibt es da einige Querverweise zur Streamingplattform HBO Max, wo der Sender nun anscheinend aufgehen wird. Deswegen besteht aber auch große Sorge wegen der Serien von Audience Network, die scheinbar mit einem mal alle abgesägt sind. Offenbar, möglicherweise, eventuell, bestünde die Chance, dass HBO Max Mr. Mercedes übernehmen könnte. Gerüchtehalber. . . .

Ich hab die dritte Staffel noch nicht gesehen und weiß deswegen nicht, ob es da einen Cliffhanger gibt. Aber soweit ich weiß, hat King auch nur drei Romane über Bill Hodges geschrieben, die nun doch auch alle abgearbeitet wären, oder?

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Nachdem die zweite Staffel leider etwas an Kraft verloren hatte, hegte ich persönlich große Hoffnungen auf die dritte Staffel, die es tatsächlich geschafft das Ruder wieder rumzureißen, indem sich die Serie um einen ganz neuen Fall dreht, aber auch wieder die alten Probleme zwischen den Figuren auf witzige Weise nach Außen kehrt.

Es ist einige Zeit vergangen, seitdem Lou ins Gefängnis gekommen ist und auf ihren Prozess wartet. Hodges, Holly und der Anwalt Finkelstein versuchen Alles, um sie rauszuhauen, doch der Fall wird immer mehr und mehr zu einem Politikum, bei dem die Argumente gegeneinander aufwiegen. Ausgerechnet in dieser schweren Zeit wird der ortsansässige Kultautor John Rothstein erschossen, der auch ein Idol von Hodges war. Nicht von ungefähr wird er deswegen von der Polizei um Hilfe gebeten. Wie sich herausstellt, hatte es der Einbrecher nicht auf einen Mord abgesehen, sondern auf den Diebstahl von Geld und unveröffentlicher Manuskripte. Letztendlich stellen sie fest, dass der Dieb später einen Unfall hatte, die Manuskripte aus dem Wrack jedoch abermals von einer dritten person gestohlen worden sind. Nun beginnt für Alle ein Wettlauf mit der Zeit, da der Dieb die Geschichten unbedingt haben will und vor keiner weiteren Leiche Halt macht.

Zugegeben: ich hatte die erste Staffel noch gut im Kopf und wusste um das Potential der Serie, weswegen meine Erwartungen hier schon etwas höher waren. Dafür umso mehr Respekt, dass die Macher hier wieder (fast) oberstes Niveau abgeliefert haben. Ich hatte zwar schon sehr arg geahnt, dass Lou in dieser Staffel weit mehr Bedeutung bekommen würde, doch viel mehr konzentriert sich die dritte Staffel auf einen völlig neuen Kriminalfall. Nämlich der Ermordung des Kultautors Rothstein, was zunächst einmal kaum eine große Sache zu sein scheint. Erst nach und nach erfahren wir aus verschiedenen Dialogen und Storyentwicklungen, was für eine riesige Nummer dieser Rothstein gewesen sein muss und wie sehr er mit seiner Kultreihe um die Figur Jimmy Gold nahezu alle Charaktere der gesamten Serie beeinflusst hat und auch nach wie vor Einfluss ausüben kann. Das wird daran deutlich, dass wir nicht nur Bill von ihm schwärmen sehen können, sondern ganz stark auch die Bad Guys der Staffel. Wie schon die zwei Staffeln zuvor porträtieren auch die neuen Folgen ganz ausführlich die Gegenspieler, die wir hier gut und gerne kennenlernen können.
Dabei gelingt ihnen das Kunststück, dass diese Figuren auch nicht unbedingt unsympathisch sind. Tatsächlich fand ich es bemerkenswert, wie sehr ich teilweise mit Morris mitfiebern konnte, der diese ganze Verbrechensserie ja eigentlich nur in Gang gesetzt hat, weil er ein absoluter Fan von Jimmy Gold ist und wissen wollte, wie es unbedingt weitergeht. Er will dabei eigentlich keinem Menschen wehtun - anfangs zumindest nicht - und plant jedes Vorgehen genau und präzise. Umso komischer und witziger ist es da für uns, dass er immer wieder durch ein Versehen noch tiefer in die Misere hineingezogen wird und einen Mord nach dem Anderen begeht. Quasi aus reiner Schusseligkeit heraus, woran man sieht, dass er nicht der geborene Verbrecher ist. Und genau das macht ihn sympathisch. Gleichwohl merkt man ihm an, dass er immer wütender wird, da sich die Angelegenheit immer weiter hinzieht und er Druck von allen Seiten bekommt. Zum Einen hat er die Polizei im Nacken, dann erweist sich der Dieb der Manuskripte viel schlauer als gedacht, von seiner Freundin kriegt er einen Rüffel nach dem Anderen und zum allem Überfluss hat er auch noch eine Affäre mit einer viel älteren Frau, die ihn erst zu diesen Untaten angestachelt hat. Diese heißt Alma Lane und wird von Kate Mulgrew gespielt; besser bekannt als Captain Janeway aus Voyager. Aber schon wie sie sich hier die Seele aus dem Leib spielt! Als alte, gescheiterte Lebedame, die der Vergangenheit hinterher hängt und Rache an Rothstein will. Dazu ist ihr jedes Mittel recht, sie ist mit allen Wassern gewaschen und dabei so herrlich böse, dass ich mit der Dame voll auf meine Kosten gekommen bin.

Man kann nämlich nie sicher sein, welchen Schachzug sie nun als nächstes plant und ob das auch so funktioniert, wie sie und Morris sich das vorstellen. Es dauert nicht lange, da ist man deswegen schon wieder mittendrin im Geschehen und kann beobachten, wie die Staffel ganz langsam immer weiter eskaliert und jeder einzelne Storyarc für sich ganz behutsam immer weiter auf die Spitze getrieben wird. Offenen Suspense gibt es dabei auch, doch viel unterhaltsamer ist das Storytelling und die Unvorhersehbarkeit der Figuren, wobei es hier wieder auch deutlich mehr Humor gibt. Die Sprüche - seien sie von Bill, Alma oder dem Richter - sind so witzig und so derbe, dass man gleich mehrmals aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Der Humor ist jedenfalls Klasse macht auch wieder vor harten Themen wie Vergewaltigung, Pädophelie und Drogenmissbrauch nicht halt. Da werden beste Erinnerungen an die erste Staffel wach. Schön ist es auch, dass Brady hier nicht vergessen wird und wie ein dunkler Geist über der Szenerie schwebt. Letztendlich spielt ja auch der Prozess von Lou eine tragende Rolle und trägt noch mehr zum UNterhaltungspotential der Serie bei. Doch ausgerechnet hier gab es ein Detail, was mich ein wenig gestört hat.
Einzig und allein hat mich der Umgang mit Lous Psychose gestört. Genau diesen Arc fand ich zwar ziemlich interessant und plausibel, aber nicht besonder schlüssig umgesetzt. Stattdessen eher lückenhaft. Solange sie noch im Knast sitzt und vor der Klapse zittert ergab das für mich noch vollends Sinn. Sie bekommt ja dann auch noch die Schreikrämpfe in der Klapse. Doch je länger sie darin verweilt, desto mehr scheint der Geist von Brady von ihr Besitz zu ergreifen, was man in der letzten finalen Minute der Staffel noch einmal direkt zu Gesicht bekommt. Doch das geschieht für mich beinahe ohne Gegenwehr. Sie sagt ein paar Mal zu Finkelstein und Holly, Brady würde mir ihr reden. Aber da ist sie nicht verzweifelt, verheult, verängst oder verwirrt. Sie erzählt das eher beiläufig, was für ihre UMgebung einen schlimmeren Impakt besitzt als für Lou selbst. Gut, das kann aber auch Absicht der Autoren gewesen sein, denn so hat man auch abseits des Rothstein-Plots ein spannendes Fragezeichen, ob Lou nun wirklich verrückt wird oder Brady tatsächlich einen Weg gefunden hat den Tod ein weiteres Mal zu überlisten. Dabei ist der Arc um Lou hier nur eine Nebenhandlung und dient eventuell als Basis für eine vierte Staffel, die ja nun immer noch in den Sternen steht.

Bis auf ein kleines Detail liefert Mr. Mercedes wieder beste, derbste, spannende und teils sehr witzige Thriller-Unterhaltung ab, die ich hier mit dicken 9 von 10 Eiskugeln honorieren will. Ich weiß, dass King ja nur drei Bücher geschrieben hat, doch ich würde mir dennoch inständig eine vierte Staffel wünschen, die Dritte wieder zu alter Form gefunden hat. Ich fand`s jedenfalls Klasse und ich hoffe, dass dieser kleine Cliffhanger im Finale aufgelöst wird.

Guuuuute Neuigkeiten. Na ja, fast zumindest. . . . Der NBC-Streaming-Dienst Peacock hat Mr. Mercedes eingekauft und wird die ersten beiden Staffeln am 15. Oktober online für die breite Öffentlichkeit bringen; die Dritte folgt etwas später. Wie der Regisseur mit einem Interview gegenüber DenOfGeek bestätigte, gab es mit ihm und Showrunner David Kelley bereits Gespräche, wie sie sich eine vierte Staffel vorstellen könnten. Er sagte, es sei noch zu früh für ein Statment - der Start auf Peacock kommt ja erst noch - aber die Zeichen stehen gut, dass die Geschichte fortgestzt wird. Außerdem fragt man ja nicht ohne Grund bei den Darstellern an, ob sie denn nicht Bock eine weitere Staffel zu drehen. Und siehe da: es wurden zwar keine Namen genannt, aber ALLE wären sofort wieder dabei!

https://www.denofgeek.com/tv/mr-merc...-stephen-king/