Die Franchise um Jason Bourne ist an der Kinokasse ein verlässlicher Dauerbrenner. Anstatt nun aber einen neuen Kinofilm zu produzieren oder das Spin-Off mit Jeremy Renner fortzuführen, was ja ziemlich abrupt endete, wurde beschlossen ein weiteres Spin-Off im Rahmen einer Serie zu schaffen. Diese hört auf den Titel Treadstone und sollte sich um das illegale CIA-Programm an sich drehen, wobei sie jedoch gerade einmal eine Staffel mit 10 Episoden schaffte, bevor sie unversehens abgesetzt wurde. Das stellt den ersten wirklichen Flop in der Franchise dar und das machte mich schon etwas neugierig, aber nachdem ich mir das Teil neulich angesehen habe, fällt es auch mir sehr schwer meine Enttäuschung zu verbergen. Dabei wäre die eigentliche Geschichte nicht einmal schlecht . . .
Deutschland im Jahr 1973, der Kalte Krieg beherrscht den Machtkampf zwischen West und Ost. Der CIA-Agent Bentley wurde während einer Mission im Osten von Stasi-Agenten gefangengenommen und dem Wissenschaftler Meisner und seiner KGB-Assistentin Petra übergeben. Sie versuchen ihn einer Gehirnwäsche zu unterziehen, mit der er zu einem Doppelagenten einer eiskalten Killermaschine umprogrammiert werden soll. Doch das Experiment schlägt fehl, Bentley kann entkommen und wird fortan von dem KGB als auch dem CIA als Verräter gejagt. Fast 50 jahre später ist das Treadstone-Programm offiziell Geschichte; Jason Bourne hatte zuviel Schaden angerichte. Niemand weiß eigentlich, wie viele Agenten es da draußen gibt, bis ein mysteriöses Drahtzieher einige der Schläfer aktiviert. Sie sollten die Startcodes zu einer alten russischen Nuklearrakete beschaffen und somit das Gleichgewicht der Kräfte stören. Die CIA versucht sofort wieder die Agenten auszuschalten und gleichzeitig selbst die Codes zu bekommen. Doch das ist leichter gesagt als getan, sind doch die meisten Schläfer immer noch brandgefährlich und ihnen meist zwei Schritte vorraus.
Tatsächlich wäre hier Alles vorhanden gewesen. Der kalte Krieg, bösartige Experimente und eine Bedrohung für den Weltfrieden. Aber leider bekommen wir davon fast Nichts davon zu sehen, weil es den Machern rein auf Action, Action und nochmals Action ankam. Und zwar so überbordend, so dominant, so umfangreich und so berechenbar, dass hier keine solide Handlung mehr zugelassen wird. Warum? Ich kann nur vermuten, dass die Produzenten hinter der Serie die Highlights der Kinoreihe wiederspiegeln wollten und dies waren eben die rasanten Actionszenen sowie natürlich die fantastisch choreographierten Kämpfen. Und genau diese gibt es hier auch zu sehen. Und zwar ebenso richtig stark, komplex, umfangreich und nicht minder fetzig! Da werden ganze Wohnung nach Strich und Faden zerlegt und selbst ein Brettspiel wird hier zur tödlichen Waffe. Mit Schießereien oder Explosionen hält sich die Serie eher zurück, was allerdings kein Nachteil ist, denn sonst wäre wohl noch mehr Zeit für das Gekloppe draufgegangen. Hier gibt es einfach viel zu viele Fights; zum Umfallen en Masse, was gleich mehrere schwere Nachteile mit sich bringt. Erstens zweigen die Actionszenen sehr viel Zeit von der Story ab und schaffen es sogar noch den Plot zu verdrängen. Und zweitens kristallisiert sich schon schnell ein viel zu stupides Strickmuster heraus: Zunächst einmal zeigt man einen der Agenten bei der Spurensuche, meistens Bentley 1973, dann schwenkt man zu einem anderen Treadstone-Agenten, der einen bösen Agenten trifft und dann geht es halt ordentlich rund. Nach hartem Kampf geht es dann etwas weiter mit der Spurensuche und schon beginnt das Spiel von Neuem - mehrmals in jeder Episode! Ich meine, wenn man eine oder zwei Episoden so gestaltet hätte, gerne auf`s Finale hin, von mir aus. Da darf man ruhig etwas mehr Action und Dramatik erwarten. Aber doch bitte nicht in jeder verdammte Folge! Denn das Schema nutzt sich leider viel zu sehr ab und das manchmal auch auf ziemlich dumme Art und Weise.
Spoiler ->
Siehe nur einmal der Cleaner, der Doug - einen extrem ausgebildeten, starken CIA-Killer - mit dem Tod seiner Frau bedroht. Ja, wie hätte es denn anders ausgehen können, als dass Doug diesen Typen so schnell wie rücksichtlos kaltmacht????
Muss es denn also wirklich sein, dass sich jeder einzelne Agent, auf den die Zirkaden treffen, ein ebenso bösartiger Auftragskiller ist? Das war am Ende so berechenbar wie auf's Klo gehen, Zumal ich mich oft fragen musste, ob es im Rahmen der Serie absolut keine anderen Motive gegeben hätte? Die eigentliche Story um die Startcodes der Rakete und die große Frage, wer und warum die Zirkaden nun aufgeweckt hat, geraten dabei völlig ins Hintertreffen und interessieren nicht mehr die Bohne. Das war für mich besonders problematisch, da die eigentliche Geschichte recht viel Spaß gemacht hätte. Wir haben hier tatsächlich gleich zwei Zeitlinien, die hier gleichberechtigt behandelt werden. Einmal 1973 und dann 2019, wobei beide unterschiedliche Schwerpunkte haben. 1973 geht es eigentlich nur um die Flucht von Bentley, der mal vom KGB, mal von der CIA in die Ecke getrieben wird, weil er als erste wikliche Zikade bzw. Treadstone-Agent ziemlich wertvoll ist. 2019 soll man die Welt retten, indem man die Rakete unschädlich macht. Dabei scheint es eine direkte Verbindung zwischen der Flucht von Bentley und den Codes zu geben, die sich nur nach und nach zu offenbaren scheint. Einige der Charaktere tauchen immerhin in beiden Zeitlinien auf. Man lernt mehrere Zikaden kennen und muss nun langsam herausfinden, wer zu wem steht und wieso. Aber verarbeitet werden diese raffinierten Ansätze nicht.
Ich kann mir vorstellen, dass dieses simple Strickmuster selbst beim ziemlich belanglosen US-Publikum nicht besonders gut wegkam. Die Zeiten ändern sich halt auch im Free-TV langsam. Andererseits bin ich mir sehr sehr sicher, dass die vielen exotischen Schauplätze auf die Dauer für die Amis einfach zu viel waren. Insbesondere die ständigen Untertitel dürften beim üblichen US-Zuschauer nicht gerade auf Gegenliebe gestoßen sein. Wahrscheinlich aber, was ich für recht wahrscheinlich hatte, hat hier der Sender auch hinter den Kulissen dazwischengefunkt hat. USA Network ist die Streaming-Plattform von NBC und diese sind viel eher für seichte, anspruchslose Massenware bekannt, wovon Treadstone abseits der Actionszenen eindeutig dazugehört. Entweder planten sie die Serie später auch im regulären Fernsehen zu zeigen oder waren von Anfang an der Meinung, Treadstone müsse ihrem bisherigen Portfolio entsprechen und haben deswegen auf dieser primitiven Narrative gepocht.
Da, wo die Kinofilme nicht genug Zeit hatten ihre Geschichten schön komplex und atmosphärisch zu erzählen, genau an dieser Stelle hätte Treadstone jede mögliche Chance gehabt. Stattdessen aber eifert die Serie den Vorbildern viel zu penetrant und actionlastig nach. Die an für sich gut angelegte Geschichte über drei Kontinente und zwei Zeitebnen hinweg kommt kaum bis gar nicht in die Gänge und verliert sich viel zu sehr Kleinkriegen zwischen den Figuren. Und so endet die erste und einzige Staffel auch genauso, wie sie im Großen und Ganzen war: ohne Höhe- oder Tiefpunkte, ohne ein anständiges Ende, ziemlich monoton und sogar schon auf kurze Sicht sehr vorhersehbar. Vom Cliffhangar ganz zu schweigen. Mich wundert die Absetzung kein Bißchen, denn sogar für Free-TV-Verhältnisse war das eine ziemlich schwache Vorstellung; für`s Streaming sogar unter dem Durchschnitt.
Bei mir maximal 3 von 10 Punkten; für die starke Kampfchoreographie, die internationalen Schauplätze und den guten Ansatz in der Handlung. Alles andere ist eher Massenware und kommt niemals nicht an die Kinofilme heran, über die eigentlich nur kurz eingegangen wird.
"Kommt Geister, die ihr lauscht auf Mordgedanken . . . und entweiht mich!" - MacBeth
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